- Beim Wechselmodell lebt das Kind zu gleichen oder annähernd gleichen Teilen bei beiden Eltern
- Beide Elternteile sind barunterhaltspflichtig – es genügt nicht, nur durch Betreuung „seinen Teil zu leisten“
- Die Höhe des Unterhalts wird anteilig nach dem Einkommen berechnet
- Das Kindergeld wird hälftig auf den Bedarf angerechnet
- Es gibt keine gesetzliche Regelung, aber gefestigte Rechtsprechung durch den BGH
Wechselmodell erklärt
Das sogenannte paritätische Wechselmodell liegt dann vor, wenn das Kind gleichmäßig – oder zumindest annähernd gleichmäßig – zwischen beiden Elternteilen wechselt. Typischerweise lebt es etwa eine Woche bei einem Elternteil und die nächste beim anderen. Das Modell gilt als besonders kindeswohlorientiert, weil es beide Eltern in den Alltag des Kindes einbindet und eine gleichwertige Beziehung ermöglicht.
Anders als beim klassischen Residenzmodell, bei dem das Kind hauptsächlich bei einem Elternteil lebt, übernehmen im Wechselmodell beide Eltern die Betreuung – und somit auch Verantwortung für den Alltag.
Wichtig zu wissen: Das Wechselmodell muss nicht zwingend im exakten 50/50-Verhältnis stattfinden. Auch eine Aufteilung von 60/ 40 oder 55/ 45 kann unter bestimmten Voraussetzungen als Wechselmodell anerkannt werden
Rechtliche Grundlage: Kein Gesetz, aber klare Rechtsprechung
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) kennt keine explizite Regelung zum Wechselmodell. Die unterhaltsrechtliche Bewertung stützt sich auf die allgemeine Unterhaltspflicht nach § 1601 BGB:
„Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.“
Im klassischen Modell gilt: Der betreuende Elternteil leistet Naturalunterhalt, der andere zahlt Barunterhalt. Im Wechselmodell leisten beide Elternteile Naturalunterhalt, also muss der Unterhaltsanspruch neu bewertet werden. Die Rechtsprechung, insbesondere das grundlegende Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Januar 2017 (XII ZB 565/15), gibt hierzu klare Leitlinien vor.
Wer zahlt was? Unterhaltsberechnung im Wechselmodell
Barunterhaltspflicht beider Elternteile
Da beide Elternteile im Wechselmodell betreuen, entfällt das Argument, dass ein Elternteil bereits durch Betreuung seiner Pflicht nachkommt. Beide sind barunterhaltspflichtig. Das bedeutet: Beide müssen sich am finanziellen Bedarf des Kindes beteiligen – unabhängig davon, wie viel Zeit genau mit dem Kind verbracht wird.
Die Aufteilung erfolgt anteilig nach dem jeweiligen Einkommen.
Beispiel:
- Vater: 3.000 € bereinigtes Nettoeinkommen
- Mutter: 2.000 € bereinigtes Nettoeinkommen
- Gesamt: 5.000 € → Vater trägt 60 %, Mutter 40 % des Barunterhalts
Der Unterhaltsbedarf im Wechselmodell
Der Bedarf des Kindes orientiert sich grundsätzlich an der Düsseldorfer Tabelle, die nach Alter des Kindes und Einkommensstufe des unterhaltspflichtigen Elternteils gestaffelt ist.
Im Wechselmodell wird in der Regel ein pauschaler Mehrbedarf von 20 % auf den Tabellenwert aufgeschlagen – um den erhöhten Aufwand durch doppelte Haushaltsführung, Ausstattung etc. abzubilden.
Beispiel:
- Kind: 10 Jahre
- Tabellenbetrag (Stufe 3): 746 €
- +20 % Mehrbedarf: 895 € Gesamtbedarf
Von diesem Betrag wird das hälftige Kindergeld (aktuell 250 €) abgezogen:
→ 895 € – 125 € = 770 € zu deckender Bedarf
Die anteilige Zahlung erfolgt dann nach dem Verhältnis der Einkommen (z. B. 60/40).
Das passiert mit dem Kindergeld
Kindergeld steht grundsätzlich beiden Elternteilen gemeinsam zu – ausgezahlt wird es jedoch nur an einen Elternteil. Im Wechselmodell wird das Kindergeld hälftig auf den Unterhaltsbedarf angerechnet. Wenn das Kindergeld beispielsweise 250 € beträgt, werden 125 € vom Gesamtbedarf des Kindes abgezogen, bevor die anteilige Unterhaltspflicht berechnet wird.
Tipp: Erhält ein Elternteil das gesamte Kindergeld, sollte der andere den hälftigen Anteil einkalkulieren oder eine Ausgleichszahlung vereinbaren.
Varianten des Wechselmodells
Nicht jede Konstellation, bei der das Kind zwischen beiden Haushalten wechselt, ist ein rechtlich vollwertiges Wechselmodell. Entscheidend ist die Verteilung der Betreuung – und diese hat unmittelbaren Einfluss auf die unterhaltsrechtliche Bewertung.
Paritätisches Wechselmodell (50/50)
Das klassische Modell: Das Kind verbringt annähernd gleich viel Zeit bei beiden Eltern. Hier liegt eine klare doppelte Barunterhaltspflicht vor – wie oben beschrieben.
Asymmetrisches Wechselmodell (z. B. 60/40)
Das Kind verbringt mehr Zeit bei einem Elternteil (z. B. 60 % bei der Mutter, 40 % beim Vater). In solchen Fällen entscheiden Gerichte oft individuell, ob der Mehraufwand des hauptbetreuenden Elternteils bereits als Naturalunterhalt zu werten ist. Folglich kann es sein, dass wieder eine klassische Barunterhaltspflicht des anderen Elternteils angenommen wird.
Diese Konstellationen sind juristisch anspruchsvoll und häufig Streitpunkt vor Gericht.

Das passiert, wenn ein Elternteil deutlich weniger verdient
Nicht immer sind die finanziellen Voraussetzungen gleich verteilt. Wenn ein Elternteil deutlich weniger verdient oder nicht leistungsfähig im Sinne des Unterhaltsrechts ist, muss geprüft werden:
- Ist das Wechselmodell trotzdem durchführbar?
- Kann ein abweichender Zahlungsmodus vereinbart werden?
- Ist ggf. eine Rückkehr zum Residenzmodell sinnvoller?
Das Kindeswohl steht stets im Mittelpunkt. Finanzielle Ungleichheiten führen nicht automatisch zur Beendigung des Wechselmodells – sie erfordern jedoch Anpassungen und ggf. gerichtliche Klärung.
Rechtsprechung: Das sagt der BGH zum Wechselmodell
Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Januar 2017 (Az. XII ZB 565/15) hat das Wechselmodell gestärkt: Demnach kann es auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden – wenn es dem Kindeswohl dient.
Zur Unterhaltsfrage hält der BGH fest:
- Beide Eltern sind barunterhaltspflichtig
- Die Einkünfte werden addiert, um die Einkommensgruppe zu bestimmen
- Die Aufteilung erfolgt anteilig
- Kindergeld wird hälftig angerechnet
- Der Bedarf kann über die Düsseldorfer Tabelle hinausgehen
Fazit: Unterhalt im Wechselmodell erfordert klare Absprachen
Das Wechselmodell ist eine chancengleiche und kindeszentrierte Lösung – aber auch eine Herausforderung, vor allem im finanziellen Bereich. Da beide Elternteile barunterhaltspflichtig sind, ist eine faire und transparente Aufteilung des Kindesunterhalts essenziell. Im Zweifel sollten Sie nicht zögern, rechtlichen Rat einzuholen – am besten bei einem Fachanwalt für Familienrecht. Denn der Unterhalt im Wechselmodell ist komplex, aber lösbar – mit Augenmaß, Kommunikation und dem Fokus auf das Wohl Ihres Kindes.