- Zuständigkeit: Das Familiengericht entscheidet über Sorgerechtsanträge (§ 151 FamFG).
- Beantragen können: Eltern, sorgeberechtigte Personen oder das Jugendamt.
- Voraussetzung: Antrag muss dem Kindeswohl dienen.
- Form: Schriftlicher Antrag oder über Anwalt beim zuständigen Familiengericht.
- Unterstützung: Eine anwaltliche Beratung ist dringend zu empfehlen.
Wann muss man das Sorgerecht beantragen?
In vielen Fällen ist kein Antrag notwendig, weil das gemeinsame Sorgerecht automatisch gilt, beispielsweise bei verheirateten Eltern. Dennoch gibt es verschiedene Situationen, in denen ein Antrag auf das Sorgerecht erforderlich oder sinnvoll ist:
- Unverheiratete Eltern: Hier hat zunächst die Mutter das alleinige Sorgerecht. Der Vater kann das gemeinsame Sorgerecht beantragen, wenn keine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben wurde.
- Trennung oder Scheidung: Ein Elternteil kann das alleinige Sorgerecht beantragen, wenn das gemeinsame Sorgerecht nicht mehr funktioniert oder das Kindeswohl gefährdet ist.
- Tod eines Elternteils: Der überlebende Elternteil kann beantragen, das alleinige Sorgerecht zu übernehmen, falls bisher eine andere Regelung bestand.
- Sorgerechtsentzug: Wenn Eltern das Kindeswohl gefährden, kann das Jugendamt oder ein Elternteil selbst eine gerichtliche Klärung beantragen.
- Pflegeeltern oder Verwandte: In besonderen Fällen können auch andere Personen das Sorgerecht beantragen, wenn die leiblichen Eltern dazu nicht in der Lage sind.
Gesetzliche Grundlage: §§ 1626 ff. BGB und Familiengerichtsgesetz
Das Sorgerecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt, insbesondere in den §§ 1626 bis 1698b. Eltern haben laut Gesetz die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen. Dazu gehört die Personensorge (Erziehung, Pflege, Ausbildung, Gesundheitsfürsorge) und die Vermögenssorge. Wenn Eltern sich nicht einig sind oder besondere Umstände vorliegen, entscheidet das Familiengericht nach § 151 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen). Maßstab ist immer das Kindeswohl, das alle anderen Interessen überwiegt.
So läuft das Verfahren ab, wenn man das Sorgerecht beantragen möchte
Der Antrag auf Sorgerecht folgt einem festen rechtlichen Ablauf. Wer diesen kennt, kann sich gezielt vorbereiten und Fehler vermeiden.
- Zuständiges Gericht ermitteln
Zuständig ist das Familiengericht am Wohnort des Kindes. Das heißt, der Antrag wird nicht am Wohnort der Eltern, sondern dort eingereicht, wo das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat.
- Antragstellung
Der Antrag kann schriftlich beim Familiengericht eingereicht oder durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden. Bei einem Antrag auf alleiniges Sorgerecht ist anwaltliche Vertretung meist Pflicht (§ 114 FamFG).
Der Antrag sollte folgende Angaben enthalten:
- Name und Geburtsdatum des Kindes
- aktuelle Sorgeverhältnisse
- Begründung, warum das Sorgerecht beantragt oder geändert werden soll
- Belege, Gutachten oder Nachweise (z. B. Jugendamtsberichte, Arztberichte, Schulzeugnisse etc.)
- Stellungnahme des anderen Elternteils
Das Gericht hört den anderen Elternteil an. Dieser kann der Übertragung zustimmen oder widersprechen. Liegt ein Widerspruch vor, wird das Verfahren eingehender geprüft.
- Beteiligung des Jugendamts
Das Jugendamt wird grundsätzlich beteiligt und gibt eine Stellungnahme ab. Es prüft, welche Lösung dem Wohl des Kindes am besten dient und kann dem Gericht Empfehlungen aussprechen.
- Anhörung des Kindes
Kinder ab etwa 14 Jahren werden in der Regel persönlich angehört. Bei jüngeren Kindern entscheidet das Gericht nach Alter und Reife, ob eine Anhörung sinnvoll ist.
Ziel ist es, die Wünsche des Kindes zu berücksichtigen, ohne es zu überfordern.
- Entscheidung des Gerichts
Nach der Prüfung aller Umstände entscheidet das Familiengericht per Beschluss. Dabei kann es
- das gemeinsame Sorgerecht bestätigen,
- einem Elternteil das alleinige Sorgerecht übertragen oder
- das Sorgerecht teilweise (z. B. Aufenthaltsbestimmungsrecht) zuweisen.
Wichtige Unterlagen und Nachweise
Um das Gericht von der eigenen Eignung zu überzeugen, sollten Antragsteller ihre Situation möglichst nachvollziehbar darlegen. Wichtige Unterlagen sind:
- Geburtsurkunde des Kindes
- Nachweise über die Wohnsituation und finanzielle Stabilität
- eventuelle Vereinbarungen oder Schriftverkehr mit dem anderen Elternteil
- Belege für mögliche Gefährdungen (z. B. ärztliche Atteste, Zeugenaussagen)
- Stellungnahmen des Jugendamts oder Schulberichte
Wichtig: Je besser die Argumentation vorbereitet ist, desto eher erkennt das Gericht, dass der Antrag sachlich und im Sinne des Kindeswohls gestellt wurde.
Was prüft das Gericht beim Antrag auf Sorgerecht?
Das Familiengericht trifft seine Entscheidung ausschließlich auf Grundlage des Kindeswohls. Es wird nur dann einem Antrag auf alleiniges Sorgerecht stattgeben, wenn das gemeinsame Sorgerecht nicht praktikabel oder schädlich für das Kind ist. Dabei spielen mehrere Kriterien eine Rolle:
- Erziehungsfähigkeit der Eltern: Wie stabil und verantwortungsbewusst können sie für das Kind sorgen?
- Bindungen des Kindes: Zu welchem Elternteil besteht die engere emotionale Beziehung?
- Kooperationsfähigkeit: Können die Eltern miteinander kommunizieren und Entscheidungen gemeinsam treffen?
- Lebensumfeld: Wie stabil und förderlich sind Wohn- und Familienverhältnisse?
- Kindeswille: Was wünscht sich das Kind selbst (je nach Alter und Reife)

Alleiniges oder gemeinsames Sorgerecht beantragen – Die Unterschiede
Gemeinsames Sorgerecht beantragen: Väter nichtehelicher Kinder können das gemeinsame Sorgerecht beantragen, wenn sie bisher ausgeschlossen sind. Das Gericht prüft, ob gemeinsame Entscheidungen zumutbar sind und das Wohl des Kindes fördern. In den meisten Fällen wird dem Antrag stattgegeben, wenn keine schwerwiegenden Gründe dagegensprechen.
Alleiniges Sorgerecht beantragen: Wird meist im Rahmen von Trennung oder Scheidung beantragt, wenn die Eltern sich in wichtigen Fragen nicht einigen können. Das Gericht überträgt das alleinige Sorgerecht nur, wenn es eine Gefährdung oder erhebliche Beeinträchtigung des Kindeswohls gibt.
Kosten eines Sorgerechtsverfahrens
Die Kosten hängen vom Streitwert ab, der in der Regel zwischen 3.000 und 6.000 Euro liegt. Daraus ergeben sich Gerichts- und Anwaltskosten. Eltern mit geringem Einkommen können Verfahrenskostenhilfe beantragen. In diesem Fall übernimmt der Staat die Kosten teilweise oder vollständig, wenn das Verfahren nicht mutwillig geführt wird.
Praktische Tipps für den Antrag
- Emotionen außen vor lassen: Das Gericht prüft sachlich. Persönliche Vorwürfe oder Konflikte sollten vermieden werden.
- Dokumentation ist entscheidend: Führen Sie ein Tagebuch oder sammeln Sie Belege über relevante Vorfälle, Entscheidungen oder Vereinbarungen.
- Kooperation zeigen: Wer gesprächsbereit ist und Kompromisse sucht, signalisiert Verantwortungsbewusstsein – ein Pluspunkt beim Gericht.
- Jugendamt einbeziehen: Eine frühzeitige Kontaktaufnahme kann helfen, Unterstützung zu erhalten und Missverständnisse zu vermeiden.
- Rechtliche Beratung: Ein erfahrener Familienrechtsanwalt kann den Antrag optimal formulieren und Ihre Rechte durchsetzen.
Wann eine anwaltliche Unterstützung sinnvoll ist
Auch wenn es theoretisch möglich ist, den Antrag selbst zu stellen, ist rechtliche Hilfe in der Praxis nahezu unverzichtbar. Familienrechtsanwälte wissen, welche Argumente überzeugen, wie Beweise bewertet werden und welche Anträge formal korrekt sind. Sie können außerdem helfen, Vergleiche oder Vereinbarungen zu erarbeiten, bevor es zu einem langwierigen Gerichtsverfahren kommt.
Gerade wenn emotionale Belastungen oder Vorwürfe im Raum stehen – etwa bei Streit, Gewalt oder psychischen Problemen – ist professionelle Unterstützung entscheidend. Ein Anwalt kann objektiv argumentieren und sicherstellen, dass das Kindeswohl tatsächlich im Mittelpunkt steht.
Sonderfall: Teilbereiche des Sorgerechts beantragen
Nicht immer geht es darum, das komplette Sorgerecht zu übertragen. Manchmal betrifft der Antrag nur Teilbereiche, zum Beispiel das Aufenthaltsbestimmungsrecht (also wo das Kind lebt) oder das Vermögenssorgerecht. Das Familiengericht kann das Sorgerecht auch teilweise neu regeln, wenn dies praktikabler und im Sinne des Kindes ist.
Beispiel: Ein Elternteil erhält das Aufenthaltsbestimmungsrecht, beide behalten aber die gemeinsame Sorge in anderen Bereichen.
Fazit: Gut vorbereitet zum Sorgerechtsantrag
Ein Antrag auf Sorgerecht ist ein bedeutender Schritt, der wohlüberlegt und sorgfältig vorbereitet sein sollte. Die Gerichte entscheiden ausschließlich im Interesse des Kindes – und nicht nach emotionalen oder finanziellen Motiven der Eltern.
Wer das Verfahren mit Bedacht angeht, offen kommuniziert und das Wohl des Kindes glaubhaft in den Vordergrund stellt, hat gute Chancen auf eine faire und tragfähige Entscheidung.
Professionelle juristische Begleitung kann den gesamten Prozess erleichtern, Konflikte entschärfen und die Weichen für eine stabile Zukunft des Kindes stellen. Denn beim Thema Sorgerecht geht es letztlich nicht um das Gewinnen eines Rechtsstreits, sondern um Verantwortung, Vertrauen und Sicherheit für das eigene Kind.



