Nachträglicher Ehevertrag: Sinn, Spielräume, Stolperfallen

Viele Paare merken erst nach der Hochzeit, dass sie bestimmte Punkte klarer regeln möchten: Was passiert mit dem Unternehmen? Wie schützen wir eine Erbschaft oder Immobilien? Was gilt bei Trennung und Scheidung, vor allem mit Kindern oder in einer Patchwork-Konstellation? Die gute Nachricht: Ein Ehevertrag ist nicht nur vor der Eheschließung möglich. Er kann auch nachträglich geschlossen oder angepasst werden. Entscheidend sind dabei aber klare Ziele, faire Inhalte und die richtige Form.

Die 5 Kernaussagen
  • Ein Ehevertrag kann jederzeit nach der Hochzeit geschlossen oder geändert werden.
  • Notarielle Beurkundung ist Pflicht. Ohne Notar ist der Vertrag unwirksam.
  • Standard ist die Zugewinngemeinschaft; sie kann nachträglich etwa in eine modifizierte Zugewinngemeinschaft oder Gütertrennung geändert werden.
  • Trennungsunterhalt und Kindesunterhalt sind für die Zukunft nicht frei verzichtbar; nachehelicher Unterhalt lässt sich gestalten, aber mit Grenzen.
  • Der Versorgungsausgleich (Renten) kann modifiziert oder ausgeschlossen werden, allerdings nur unter strengen Anforderungen.

Was ist ein „nachträglicher“ Ehevertrag?

Ein Ehevertrag ist eine Vereinbarung, mit der Eheleute ihre vermögensrechtlichen Verhältnisse regeln. Ohne Vertrag gilt automatisch die Zugewinngemeinschaft. Ein nachträglicher Ehevertrag ermöglicht es, diesen gesetzlichen Güterstand zu verändern, Vermögenswerte auszunehmen, Unterhalt zu strukturieren und Vorsorge zu ordnen. Wichtig ist die Form: Beide Ehegatten müssen den Vertrag beim Notar beurkunden lassen. Mündliche Absprachen oder eigenhändige Schriftstücke reichen nicht.

Diese Punkte lassen sich nachträglich regeln

Güterstand und Vermögen

Sie können den Güterstand ändern oder eine modifizierte Zugewinngemeinschaft vereinbaren. Häufige Bausteine sind:

  • Ausnahmen für Familienunternehmen, Betriebsvermögen, Erbschaften oder Schenkungen.
  • Bewertungsregeln für Immobilien und Beteiligungen (z. B. Bewertungsstichtag, Abzug von Schulden, Gutachtenverfahren).
  • Ausgleichsmechanismen bei ungleichen Investitionen in eine gemeinsame Immobilie (Anrechnung von Eigenkapital, Staffelmodelle beim Wertzuwachs).

Unterhalt

  • Trennungsunterhalt (Zeit zwischen Trennung und Scheidung) ist gesetzlich geschützt. Ein genereller Verzicht für die Zukunft ist unwirksam.
  • Nachehelicher Unterhalt (nach der Scheidung) kann in angemessenem Rahmen vereinbart, begrenzt oder befristet werden. Zulässig sind zum Beispiel Staffelungen oder Bedingungen, die die wirtschaftliche Selbstständigkeit fördern.
  • Kindesunterhalt ist dem Kind vorbehalten. Hier können Eltern nicht „zu Lasten“ des Kindes wirksam verzichten.

Versorgungsausgleich (Renten)

Die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften werden grundsätzlich ausgeglichen. Ehegatten können diesen Ausgleich aber vertraglich modifizieren oder ganz ausschließen, sofern die Vereinbarung fair ist. Häufig verlangt das Gericht eine besondere Prüfung; teils ist eine gerichtliche Genehmigung zusätzlich zur notariellen Beurkundung erforderlich.

Weitere Regelungen

Möglich sind Absprachen zur Ehewohnung, zur Zuweisung bestimmter Gegenstände, zur Schuldenverteilung sowie zu Verfahrensfragen bei Trennung (z. B. Mediation vor Klage). Auch Compliance-Klauseln sind üblich: etwa Auskunftspflichten über Vermögen oder die Verpflichtung zu jährlichen Statusgesprächen.

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Grenzen der Vertragsfreiheit: Fairness ist Pflicht

  • Eheverträge unterliegen einer inhaltlichen Kontrolle. Eine Vereinbarung, die den wirtschaftlich schwächeren Ehegatten unangemessen benachteiligt, kann ganz oder teilweise unwirksam sein. Kritisch sind etwa umfassende Verzichtsklauseln beim Betreuungsunterhalt, wenn gleichzeitig eine klassische Rollenverteilung gelebt wurde. Ebenso problematisch: Klauseln, die faktisch jede Altersvorsorge ausschalten, obwohl ein Ehegatte zugunsten der Familie auf Karriere verzichtet hat. Faustregel: So viel Freiheit wie möglich, so viel Schutz wie nötig.

Typische Anlässe – mit Beispielen aus der Praxis

Unternehmerfall

Eine Ehepartnerin baut ein wachsendes Unternehmen auf, der andere reduziert seine Erwerbstätigkeit wegen Kinderbetreuung. Ziel: Das Unternehmen vor Zerschlagung schützen, aber den Betreuungsbeitrag anerkennen. Lösung: Eine modifizierte Zugewinngemeinschaft mit Herausnahme der Unternehmenssubstanz. Dafür greifen Ausgleichsklauseln, die im Scheidungsfall eine faire Abfindung vorsehen. Ergänzend empfiehlt sich ein klar geregelter nachehelicher Unterhalt mit Befristung und Übergangsphase.

Erbschaft oder vorweggenommene Schenkung

Ein Elternteil überträgt dem Ehegatten Vermögen, z. B. eine Immobilie. Das Ziel dahinter ist die Absicherung der Familienwerte. Lösung: Aufnahme einer Zuordnungsklausel („privilegiertes Vermögen“), Regeln zur Wertsteigerung, Mitspracherechte des anderen Ehegatten beim Verkauf, und – falls gewünscht – ein Rückforderungsrecht der Schenkerseite bei Krisenfällen.

Hauskauf mit ungleichen Eigenmitteln

Beim Hauskauf mit ungleichen Eigenmitteln lässt sich Fairness so herstellen: Zuerst wird ein Einlagenausgleich vereinbart. Das bedeutet, dass beide Partner ihre eingebrachten Beträge – hier 200.000 € und 20.000 € – bei Verkauf oder Auseinandersetzung vorrangig und auf Wunsch wertgesichert zurückerhalten. Anschließend wird der verbleibende Nettowertzuwachs nach Abzug der Restschuld anteilig verteilt, zum Beispiel prozentual gemäß einer gemeinsam festgelegten Quote. Tilgungsleistungen und nachweisbare Renovations- bzw. Modernisierungskosten werden sauber zugeordnet und entweder vor der Verteilung angerechnet oder in die Quote einbezogen.

Patchwork & zweite Ehe

Es bestehen Unterhaltsverpflichtungen aus erster Ehe oder Kinder aus verschiedenen Beziehungen. Dadurch entsteht eine gewisse Planungssicherheit. Es geht um die klare Priorisierung von Verpflichtungen, abgestimmte Unterhaltsregelungen, ggf. Ausschluss oder Modifikation des Versorgungsausgleichs, damit keine ungewollten Ketteneffekte entstehen.

Unterhalt richtig regeln

Der Trennungsunterhalt bleibt grundsätzlich unberührbar; zulässig sind aber Transparenz- und Mitwirkungspflichten (Einkommensauskunft, Bewerbungsbemühungen).

  • Beim nachehelichen Unterhalt wirken Befristungen, Degressionen (abnehmende Beträge), Anknüpfungen an Wiedereinstieg oder Weiterbildung oft fair und motivierend.
  • Nicht „Null auf Knopfdruck“: Vereinbarungen sollten Auffangnetze für Krankheit, Langzeitarbeitslosigkeit oder die Betreuung sehr kleiner Kinder enthalten.
  • Gute Praxis: Schwellenklauseln (z. B. Anpassung bei Gehaltsänderungen über X %), Dynamik an die jeweils gültigen Leitlinien der Oberlandesgerichte, sowie Mediation vor Eskalation.

Versorgungsausgleich: Änderbar, aber kontrollbedürftig

Ein kompletter Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist möglich, aber nur dann stabil, wenn der Vertrag ausgeglichen wirkt. Alternativen sind Teilausschlüsse (nur private oder nur betriebliche Anrechte), Kompensation in Geld oder interne Ausgleichsmodelle (z. B. Ehegattenversorgung durch private Verträge). Wichtig ist, dass beide Seiten die Vorsorgefolgen verstehen und die Regelung ihre Lebensrealität berücksichtigt.

Steuerliche Überlegung: die „Güterstandsschaukel“

Wer die Zugewinngemeinschaft beendet (etwa durch Wechsel in die Gütertrennung), löst einen Zugewinnausgleich zu Lebzeiten aus. Dieser Ausgleich kann je nach Konstellation schenkungsteuerlich begünstigt sein. Bei größeren Vermögen ist die sogenannte Güterstandsschaukel ein Gestaltungsinstrument, jedoch eines mit Fallstricken. Risiken wie Querschenkungen oder unerwartete Ertragsteuerfolgen lassen sich nur mit früher steuerlicher Beratung sicher managen. Merksatz: erst rechnen, dann regeln.

Ablauf: In fünf Schritten zum nachträglichen Ehevertrag

  1. Ziele definieren

Welche Risiken oder Unklarheiten sollen gelöst werden? Unternehmen, Immobilien, Erbschaften, Altersvorsorge, Unterhalt, internationale Bezüge.

  1. Bestandsaufnahme

Vermögenswerte, Schulden, laufende Verträge, Einkünfte, Vorsorge, Lebensplanung. Ohne Zahlen keine belastbare Gestaltung.

  1. Entwurfsphase

Optionen durchspielen: modifizierte Zugewinngemeinschaft vs. Gütertrennung, Ausnahmen, Bewertungsstichtage, Unterhaltsmodelle, Versorgungsausgleich, Compliance-Klauseln.

  1. Beratung & Notartermin

Juristische Feinjustierung, steuerliche Prüfung, anschließende notarielle Beurkundung. Prüfen Sie, ob einzelne Klauseln eine gerichtliche Genehmigung benötigen.

  1. Nachhalten & Anpassen

Bei Geburt eines Kindes, Jobwechsel, Erbschaft, Unternehmensverkauf oder Auslandsumzug: Vertrag überprüfen und – wenn nötig – erneut notariell anpassen.

Häufige Fehler – und wie Sie sie vermeiden

  • Formfehler: Ohne Notar geht es nicht. Auch spätere Änderungen müssen beurkundet werden.
  • Einseitigkeit: Extreme Benachteiligungen sind instabil. Bauen Sie Kompensationen ein (Abfindung, Übergangsunterhalt, Beteiligung am Wertzuwachs).
  • Kindeswohl übersehen: Mit Kindesunterhalt wird nicht „verhandelt“. Unsichere Klauseln unbedingt streichen.
  • Vorsorge vergessen: Versorgungsausgleich oder private Renten nicht ignorieren. Eine elegante Lösung ist oft wertvoller als ein pauschaler Ausschluss.