Körperverletzung Verjährung

Zeit heilt alle Wunden - aber was passiert, wenn die Zeit knapp wird? Die Verjährungsfristen bestimmen im deutschen Strafrecht, ab wann eine strafrechtliche Verfolgung nicht mehr möglich ist. Wenn es um Körperverletzung geht, zählen demnach nicht nur Sekunden, sondern auch Jahre. Wir beantworten Ihnen die wichtigsten Fragen zu dem Thema „Verjährung bei Körperverletzungsdelikten.”

Inhaltsverzeichnis
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Was bedeutet Verjährung überhaupt?

Verjährung bezeichnet den Ablauf einer gesetzlichen Frist, nach deren Ablauf bestimmte Rechte nicht mehr geltend gemacht oder Straftaten nicht mehr verfolgt werden können. Im Strafrecht bedeutet dies, dass nach einer bestimmten Zeitspanne keine Strafverfolgung mehr stattfinden darf. Die Verjährung dient der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden, indem sie verhindert, dass Straftaten unbegrenzt lange verfolgt werden können.

Gesetzliche Grundlagen der Verjährung im Strafrecht

Die Verjährungsfristen im Strafrecht sind in den §§ 78 ff. des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Die Dauer der Verjährung richtet sich nach dem Höchstmaß der angedrohten Freiheitsstrafe für die jeweilige Straftat.

Allgemeine Verjährungsfristen gemäß § 78 StGB

Höchstmaß der angedrohten FreiheitsstrafeVerjährungsfrist
Bis zu 1 Jahr oder Geldstrafe3 Jahre
Mehr als 1 bis zu 5 Jahre5 Jahre
Mehr als 5 bis zu 10 Jahre10 Jahre
Mehr als 10 Jahre20 Jahre
Lebenslange Freiheitsstrafe30 Jahre

Hinweis: Einige besonders schwere Straftaten wie Mord (§ 211 StGB) sind unverjährbar (§ 78 Abs. 2 StGB).

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Verjährungsfristen bei Körperverletzungsdelikten

Die Verjährungsfrist bei Körperverletzungsdelikten hängt von der Schwere der Tat ab. Im Folgenden betrachten wir die verschiedenen Formen der Körperverletzung und ihre jeweiligen Verjährungsfristen.

  1. Einfache Körperverletzung (§ 223 StGB)
  • Tatbestand: Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt.
  • Strafmaß: Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe.
  • Verjährungsfrist: 5 Jahre

Unser Beispiel: Max schlägt Paul im Streit ins Gesicht, wodurch Paul eine blutende Nase erleidet. Paul entscheidet sich erst nach 4 Jahren, Anzeige zu erstatten. Da die Verjährungsfrist 5 Jahre beträgt, kann Max noch strafrechtlich verfolgt werden.

  1. Gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB)
  • Tatbestand: Körperverletzung unter Verwendung von Waffen, Gift, hinterlistigem Überfall, gemeinschaftlich oder lebensgefährdend.
  • Strafmaß: Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren.
  • Verjährungsfrist: 10 Jahre

Unser Beispiel: Lisa und ihre Freunde greifen Mara mit einem Schlagstock an. Nach 9 Jahren entschließt sich Mara, die Tat zur Anzeige zu bringen. Die Verjährungsfrist ist noch nicht abgelaufen, sodass die Täter strafrechtlich belangt werden können.

  1. Schwere Körperverletzung (§ 226 StGB)
  • Tatbestand: Körperverletzung, die zur erheblichen dauerhaften Beeinträchtigung führt (z.B. Verlust des Sehvermögens, einer Gliedmaße).
  • Strafmaß: Freiheitsstrafe von 1 bis zu 10 Jahren.
  • Verjährungsfrist: 10 Jahre

Unser Beispiel: Bei einer Schlägerei verliert Tim durch einen Schlag von Erik ein Auge. Nach 11 Jahren möchte Tim Anzeige erstatten. Da die Verjährungsfrist 10 Jahre beträgt, ist eine strafrechtliche Verfolgung nicht mehr möglich.

  1. Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB)
  • Tatbestand: Körperverletzung, die zum Tod des Opfers führt.
  • Strafmaß: Freiheitsstrafe von 3 bis zu 15 Jahren.
  • Verjährungsfrist: 20 Jahre

Unser Beispiel: Bei einem Raubüberfall verletzt Jan den Ladenbesitzer so schwer, dass dieser später verstirbt. Die Familie des Opfers erfährt erst nach 18 Jahren von Jonas’ Identität. Sie können ihn noch anzeigen, da die Verjährungsfrist 20 Jahre beträgt.

  1. Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB)
  • Tatbestand: Verursachung einer Körperverletzung durch Fahrlässigkeit.
  • Strafmaß: Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe.
  • Verjährungsfrist: 5 Jahre

Beispiel: Sarah übersieht beim Fahrradfahren ein Stoppschild und kollidiert mit einem Fußgänger, der sich das Bein bricht. Nach 6 Jahren möchte der Fußgänger Anzeige erstatten. Die Verjährungsfrist ist bereits abgelaufen.

Körperverletzung Verjährung

Beginn und Unterbrechung der Verjährungsfrist

Beginn der Verjährung (§ 78a StGB)

Die Verjährungsfrist beginnt mit der Beendigung der Tat. Bei Körperverletzungsdelikten ist dies in der Regel der Zeitpunkt, an dem die Verletzung verursacht wurde.

Unterbrechung der Verjährung (§ 78c StGB)

Manche Ereignisse sind wie der berühmte “Restart-Knopf” für die Verjährung – einmal gedrückt, und die Uhr beginnt von vorn zu ticken. Dazu zählen die erste Vernehmung des Beschuldigten, der Erlass eines Haftbefehls oder einer Anklageschrift sowie diverse gerichtliche Ermittlungsmaßnahmen. Das bedeutet beispielsweise: Wird innerhalb der Verjährungsfrist ein Haftbefehl gegen den Beschuldigten erlassen, beginnt die Verjährungsfrist ab diesem Zeitpunkt erneut.

Stellen Sie sich die Verjährungsfrist wie eine Sanduhr vor: Sobald eine Unterbrechungshandlung erfolgt, wird die Sanduhr umgedreht und der Sand beginnt erneut durchzulaufen. Allerdings gibt es eine maximale Verjährungsfrist (auch absolute Verjährungsfrist genannt), die trotz Unterbrechungen nicht überschritten werden kann. Diese beträgt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und stellt sicher, dass Strafverfolgung nicht unbegrenzt verlängert wird.

Ruhen der Verjährung (§ 78b StGB)

Die Verjährung ruht, wenn rechtliche Hindernisse bestehen, die eine Strafverfolgung unmöglich machen, z.B.:

  • Aufenthalt des Beschuldigten im Ausland
  • Immunität des Beschuldigten (z.B. Abgeordnete)

Während des Ruhens pausiert die Verjährungsfrist.

Zivilrechtliche Ansprüche: Schadensersatz und Schmerzensgeld

Neben der strafrechtlichen Verfolgung können Opfer auch zivilrechtliche Ansprüche wie Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen. Im Zivilrecht gilt eine regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB. Diese Frist beginnt nach § 199 BGB mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Geschädigte Kenntnis von Schaden und Schädiger erlangt hat.

Körperverletzung Strafe

Warum ist das Thema so wichtig?

Die Verjährung keine bloße juristische Formalität; sie erfüllt mehrere wichtige Funktionen in unserem Rechtssystem. Zum einen sorgt sie für Rechtssicherheit, indem sie Personen davor schützt, unbegrenzt lange für eine Tat verfolgt zu werden. Zum anderen dient sie der Beweissicherung, denn mit der Zeit können Beweise verloren gehen oder Zeugen sich nicht mehr genau erinnern. Schließlich fördert sie den Rechtsfrieden, indem sie verhindert, dass alte Konflikte immer wieder aufgerollt und die Gesellschaft dadurch belastet werden.

Tipps für Opfer von Körperverletzung

  1. Zeitnah handeln: Wenn Sie Opfer einer Körperverletzung geworden sind, erstatten Sie so schnell wie möglich Anzeige.
  2. Beweise sichern: Dokumentieren Sie Verletzungen durch Fotos und ärztliche Atteste.
  3. Rechtlichen Rat einholen: Ein Anwalt kann Sie über Ihre Rechte und mögliche Ansprüche informieren.

Unser abschließender Rat

Die Verjährung bei Körperverletzungsdelikten ist ein komplexes Thema, das sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Aspekte umfasst. Die Fristen variieren je nach Schwere der Tat und können zwischen 3 und 20 Jahren liegen. In der Praxis ist es wichtig, diese Fristen zu kennen, um im Ernstfall rechtzeitig handeln zu können. Für Opfer bedeutet dies, schnellstmöglich rechtliche Schritte einzuleiten, um ihre Ansprüche nicht zu verlieren. Für Täter bietet die Verjährung nach Ablauf der Frist Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung, was jedoch nicht über die moralische Verantwortung hinwegtäuscht.